Mehr Grüsse aus dem Zen-Trainingstempel Toshoji in Japan

Sonntag, 24. März 2024
Der Docho Roshi (Abt) war Ende Februar/ Anfang März in Italien und für einen Zazentag auch in der Schweiz zusammen mit drei Schüler:innen. Drei haben in Italien eine hartnäckige Erkältung aufgelesen und diese dann Mitte Februar hierher in den Tempel mitgebracht. Dann hats schön einen nach dem anderen erwischt … Mich zum Glück nur leicht mit einer laufenden Nase, Schluckweh und einen Abend etwas Kopfweh. Jetzt tragen wir alle Maske im Tempel. Zwar etwas spät aber es ist auch aus Respekt vor Seido Suzuki Roshi, der gestern für einige Tage gekommen ist. Er ist „Senior Teacher“ hier in Toshoji und bekannter als der Sohn von Shunryu Suzuki, der das Zen in den 50er Jahren nach Amerika beachte. Bekannt ist dessen Buch „Zen Geist, Anfängergeist“. Seido ist um die 86 Jahre alt und ein echtes Zen-Urgestein und ein super Typ. Aber eben, mit einer Erkältung sind wir hier jetzt extra vorsichtig.

Mir geht es soweit gut. Die Erkältung hat mich nur gestreift. trotzdem muss man hier immer gut auf den Körper und die Gesundheit achtgeben, weil man hart am Wind segelt und es immer volles Programm hat. Immer um 4 Uhr aufstehen, Zazen, Zeremonien, Samu. Das alles füllt den Tag und es gibt fast keine Zeit für eine Siesta, für das müde Ich. Vorgestern war eine Ausnahme, weil fast alle 20 Mönche und Nonnen hier leicht angeschlagen oder krank sind. Im Tempel heisst es dann einfach: Heute kein Abendprogramm, Lichter löschen um 20 Uhr und am nächsten Tag ausnahmsweise erst um 5 statt um 4 Uhr aufstehen, sonst alles wie gehabt. Ich war dann wieder für zwei Tage Tenzo (Koch), was fast gleichbedeutend ist mit so gut wie keine Pause. Aber es ging erstaunlich gut und mittlerweile bin ich über den Berg und wieder fit.

Der Frühling kommt zwar ganz langsam aber es ist immer noch kalt und letzte Woche war am Morgen wieder der Wasserhahn gefroren, wo wir am Morgen Zähneputzen und das Gesicht waschen können. Dann ist Zähne putzen einfach etwas später am Tag. Zur Zeit ist mein neuer Job – abgesehen von ab und zu Tenzo und morgens die Kerosinöfen zu füllen – Jisha. Das ist eine Art Sekretär des Roshis. Am Morgen vor dem Zazen stehe ich um 3.40 Uhr auf und offeriere an verschiedenen Orten Räucherstäbchen. Dann warte ich bei der Küche auf den Roshi und wir offerieren an vier Altären Räucherstäbchen und machen Sanpai. Ich muss manchmal die Glocke schlagen und überall die Lichter hinter ihm löschen. Und er wartet nicht. Er geht einfach in seinem schnellen Tempo zum Dojo und ich bin sein Schatten, der hinterher springt. Im Dojo zieht er sein Kesa auf seinem Meisterstuhl sitzend aus, ich nehme es entgegen, falte es und hänge es ihm über die Stuhllehne. Seine Slippers (Finken) muss ich ihm jeweils vor dem Zazen auf die Ablage bei Stuhl stellen. Dann Zazen. Alles ist natürlich begleiten von unzähligen Gasshos und auf die Knie gehen. In den 30-60 min Zeremonien nach dem Zazen muss ich immer wieder mal zu einem bestimmten Moment aufstehen, Räucherstäbchen holen und mit ihm offerieren, während alle anderen singen. Natürich alles durchchoreographiert. Und dann gibt es regelmässig Spezialzeremonien, die wir dann an einigen Abenden alle zusammen üben.

Das feuchtkalte Wetter spür ich in den Knieen, wie fast alle Westler und auch einige Japaner. Die Gelenke sind ein bisschen müde, oft leicht schmerzend und vor allem am Morgen noch kalt und steif. Das ist aber alles Teil der Praxis, die unzähligen Sanpai trotzdem so gut und elegant wie eben möglich zu machen.

Es ist wirklich sehr intensiv und darum auch sehr lehrreich. Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Es ist an seine Grenzen gehen und immer ein bisschen darüber hinaus, aus der Komfortzone hinaus. Da passiert die Magie, wie man so sagt. Aber eben: gleichzeitig muss man seinen Körper und seine Gesundheit respektieren. Die Balance hier ist die Kunst und die Einsicht, dass meistens sehr viel mehr möglich ist, als wir uns zutrauen. Und immer auch interessant zu schauen, was ist Zen und was ist japanische Kultur. Was ist Form und was Essenz. Was müssen wir bei uns auch machen, was können wir getrost weglassen. Sehr spannend.

Anfang April haben wir die Gelegenheit an eine grosse Zeremonie zum Todestag des Gründers des Sojiji-Tempels Keizan Zenji nach Yokohoma zu gehen. Unser Tempel-Roshi leitet dann eine Zeremonie dort. Das wird ein toller Ausflug, auf den ich mich freue.

Bis bald wieder zuhause im Mushin Dojo Zürich.

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