Zen ist Zazen. Zazen ist die Praxis des Zen. Sitzen in der Stille, mit gekreuzten Beinen. Den Rücken gerade, Gesicht zur Wand. Die Atmung in Einklang mit dem Geist, Gedanken vorbeiziehen lassen.
Die Konsequenz in der Form führt über die Form hinaus, bringt uns in Kontakt mit unserer wahren Natur. Seit der Zeit von Buddha Shakyamuni wird die Praxis des Zazen als “Tor des Friedens und Glücks” überliefert.
Zen ist wie Quellwasser, dass immer frisch entspringt und sich ständig erneuert. Es ist immer aktuell, immer lebendig, es stellt sich jeden Moment wieder neu her. Es ist keine Philosophie und kein Wissen, das mit dem Gehirn erfasst werden könnte, sondern eine Praxis mit Körper und Geist.
Sitzen wie ein Berg
Zazen ist sitzen wie ein Berg, die Beine gekreuzt, die linke Hand liegt in der rechten, die Schultern sind entspannt, die Augen offen und der Blick ist gesenkt. Die Atmung kommt tief aus dem Unterbauch, es ist der Kosmos, der atmet. Die Gedanken, die auftauchen, ziehen vorbei wie Wolken am Himmel. Das Ist Zazen, za „sitzen“ und zen „Meditation, Konzentration, Versenkung“.
Hier und Jetzt
Die meisten Menschen haben die Neigung im Alltag an die Vergangenheit oder die Zukunft zu denken, anstatt ihre volle Aufmerksamkeit auf die Handlungen, Worte und Gedanken im jetzigen Augenblick zu richten. Die Zukunft existiert nie und die Vergangenheit ist immer vorbei.
In Zazen übt man, sich immer hier und jetzt auf die Haltung und die Atmung zu konzentrieren und einfach nur zu beobachten, was ist, ohne etwas hinzuzufügen. Einfach nur das, was ist, so wie es ist. Das ist shikantaza, einfach nur sitzen, im hier und jetzt.
Von Buddha Shakyamuni bis heute
Buddha Shakyamuni setzte sich vor über 2’500 Jahren in Indien in der Zazenhaltung unter den Bodhibaum, nachdem er durch viele Jahre Askese in seiner Suche nicht weiter gekommen war. Er setzte sich in Zazen hin und bewegte nicht mehr, bis er verstehen würde. Eines nachts, als er den Morgenstern aufgehen sah, hatte er die Erweckung und verstand das Gesetz von Ursache und Wirkung.
Von dort wurde die Praxis des Zen immer von Meister zu Schüler weitergegeben, i shin den shin, von meiner Seele zu deiner Seele. Zen hat sich so von Indien nach China, von China nach Japan und von Japan in den Westen verbreitet. An jedem Ort hat es sich auf kreative Weise und immer frisch mit der jeweiligen Kultur vermischt und sich erneuert, indem es nicht auf Äusserlichkeiten und versteinerten religiösen Formen baut, sondern immer aus der Erfahrung der Praxis und der Erweckung schöpft, immer frisch, immer neu.
Zenmeister haben die herkömmlichen Regeln oft überschritten, um ihre Schüler zu unterweisen. Sie waren vollkommen frei, jenseits jeder Form. Und gleichzeitig respektierten und folgten sie der jahrtausendealten Tradition. Eines Tages fragte jemand Meister Deshimaru: „Was bedeutet die Buddha-Statue auf dem Altar?“ Meister Deshimaru schlug mit seinem Stab auf die Statue und sagte: „Sie ist überhaupt nicht wichtig. Das ist nur Holz, man könnte sie verbrennen. Trotzdem verbeuge ich mich jeden Morgen vor ihr, in tiefem Respekt, denn sie verkörpert die Buddha-Natur.“